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Österreich und der Prager Frühling

Nach dem Zweiten Weltkrieg standen sich in Europa zwei Bündnisse gegenüber: Die NATO (unter der Führung der Vereinigten Staaten) und der Warschauer Pakt (unter der Führung der Sowjetunion). Viele westeuropäische Staaten traten der NATO bei, beispielsweise Italien und Deutschland. Osteuropäische Staaten wie die Tschechoslowakei und Ungarn waren dagegen Mitglieder im Warschauer Pakt. Dieses militärische Bündnis aus Ländern des sogenannten Ostblocks unter der Führung der Sowjetunion war das Gegengewicht zur NATO. Österreich dagegen war neutral, bündnisfrei und von mehreren Mitgliedsstaaten der NATO und des Warschauer Pakts umgeben.

Bundesregierung von Einmarsch überrascht

Die österreichische Bundesregierung hatte einen Plan ausgearbeitet, falls Truppen des Warschauer Pakts in die Tschechoslowakei einmarschieren sollten. Das Bundesheer sollte die österreichische Grenze zur Tschechoslowakei sichern. Der Zeitpunkt des Einmarschs kam für die österreichische Bundesregierung überraschend: Der Bundeskanzler und einige Minister waren im Urlaub und somit nicht sofort erreichbar. Erst am Nachmittag des 21. August kamen die Regierung und die Generäle zusammen, um über die Lage zu beraten.

Österreich reagiert zurückhaltend

Die österreichische Bundesregierung reagierte zurückhaltend auf den Einmarsch in der Tschechoslowakei. Bundeskanzler Josef Klaus betonte, dass Österreich zur Neutralität verpflichtet sei. Ein Grund für die Zurückhaltung war, dass man das Verhältnis zur Sowjetunion nicht belasten wollte. Erst 13 Jahre vorher war nach langen Verhandlungen mit der Sowjetunion eine Einigung über den Staatsvertrag erzielt worden. Die österreichische Regierung verzichtete auch darauf, die Grenze durch das Bundesheer zu sichern. Stattdessen blieben die Soldaten 30 Kilometer von der Grenze entfernt im Landesinneren stationiert.

Fluchtbewegung nach Österreich

Nach dem Einmarsch der Truppen des Warschauer Pakts in die Tschechoslowakei flüchteten viele Menschen aus dem Land, 160.000 Menschen alleine nach Österreich. Auch die österreichische Botschaft in Prag half Menschen, aus der Tschechoslowakei nach Österreich zu kommen. Viele der geflüchteten Menschen wanderten von Österreich aus in ein anderes Land weiter.

Der ORF als Informationsquelle

Eine wichtige Rolle im Zuge des Einmarschs in der Tschechoslowakei nahm der Österreichische Rundfunk (ORF) ein. Der ORF informierte die Menschen im Hörfunk und Fernsehen laufend über die Situation in der Tschechoslowakei. Auch Fernsehsender aus anderen Ländern übernahmen die Nachrichten des ORF über die Situation in der Tschechoslowakei. Zum Teil konnten auch Menschen in der Tschechoslowakei den ORF empfangen und sich ein Bild darüber machen, was in ihrem Land geschah.

ORF-Berichterstattung und die Neutralität

Die Führung der Sowjetunion um den Parteichef Leonid Breschnew war nicht erfreut über die Berichterstattung des ORF zur Situation in der Tschechoslowakei. Auch die österreichische Bundesregierung rief den ORF dazu auf, die Neutralität des Landes bei der Berichterstattung zu beachten. Der verantwortliche ORF-Chef Gerd Bacher erwiderte darauf, dass die Neutralität den Staat verpflichte, „aber nicht den Staatsbürger“.

Auf den Punkt gebracht:

  • Österreich war als neutraler Staat von Mitgliedstaaten der NATO und des Warschauer Pakts umgeben.
  • Die österreichische Regierung reagierte zurückhaltend auf den Einmarsch in der Tschechoslowakei, um das Verhältnis zur Sowjetunion nicht zu belasten.
  • Der ORF spielte eine wichtige Rolle dabei, die Menschen über die Geschehnisse in der Tschechoslowakei zu informieren.

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gedruckt am: Samstag, 5. Oktober 2024