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Überleben im Krieg

Im Schützengraben – Leben an der Front

Der Erste Weltkrieg wurde über lange Zeit hinweg als Stellungskrieg geführt. Das bedeutet, dass befestigte Frontanlagen errichtet wurden, Stellungen, die die Soldaten zu halten versuchten. Befestigte Stellungen gab es vor allem entlang der rund 700 km langen Westfront, von der Schweizer Grenze bis zur belgischen Küste. Auf beiden Seiten wurden Schützengräben angelegt, die den Soldaten als Deckung dienten und aus denen heraus Angriffe auf die Gegner geführt wurden. Hinter der Front lagen die Versorgungseinrichtungen, wie etwa Küchen und Lazarette, und die Waffen- und Munitionsdepots. Nach ein paar Tagen im Schützengraben wurden die Soldaten abgelöst, um sich kurz zu erholen, zu reinigen und ihre Kleidung zu waschen, bevor sie wieder zurück an die Front mussten.

Nach jedem Gefecht kamen Sanitäter an die Front, um die verwundeten Soldaten zu versorgen. Jeder Soldat trug eigenes Verbandsmaterial bei sich für kleinere Verletzungen. Wurde ein Soldat jedoch schwer verwundet, musste er von der Front in ein Feldlazarett oder zurück nach Hause gebracht werden. Soldaten, die aufgrund ihrer Verletzung nicht mehr weiter kämpfen konnten, wurden Kriegsversehrte oder Kriegsinvalide genannt. Sie hatten schwere körperliche und psychische Schäden und konnten auch zu Hause nicht mehr ihre früheren Arbeiten verrichten. Für viele Soldaten war der Alltag an der Front so schrecklich, dass sie sich freiwillig ergaben oder Selbstmord verübten.

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  • Priester segnet Verwundete

    Priester segnet Verwundete

    Russisch-orthodoxer Priester segnet Verwundete in einem Behelfslazarett an der Ostfront © Österreichisches Staatsarchiv

  • Erstversorgungsplatz

    Erstversorgungsplatz

    Verwundete auf einem Erstversorgungsplatz © Österreichisches Staatsarchiv 

  • Hilfsplatz am Piave-Damm

    Hilfsplatz am Piave-Damm

    Verwundete auf einem Hilfsplatz am Piave-Damm © Österreichisches Staatsarchiv 

Gefangengenommene gegnerische Soldaten wurden in Lagern festgehalten und zu schweren Arbeiten gezwungen. Denn Arbeitskräfte waren rar, da die meisten Männer im wehrfähigen Alter zum Militärdienst eingezogen waren. Die Kriegsgefangenen mussten viele Arbeiten übernehmen, ohne dafür bezahlt zu werden. Sie wurden zum Beispiel im Straßen- und Brückenbau eingesetzt, mussten Eisenbahnschienen verlegen und bei der Ernte helfen. Trotz schwerer körperlicher Arbeit erhielten sie oft keine ausreichende Ernährung und Krankenversorgung, sodass viele Kriegsgefangene ums Leben kamen.

Alltag daheim – Folgen für die Zivilbevölkerung

Das Kriegsgeschehen spielte sich zum Großteil an der Front ab, während das Hinterland von Überfall und Zerstörung weitgehend verschont blieb. Dennoch veränderte der Krieg auch dort das Leben der Menschen von Grund auf. Väter und erwachsene Söhne der Familien waren zum Kriegsdienst eingezogen, Frauen und Kinder mussten sich alleine zurechtfinden. 

Für Kinder war oft kein geregelter Schulalltag mehr möglich: Viele Lehrer kämpften ebenfalls an der Front, Kinder mussten bei der Arbeit mithelfen, um das Überleben der Familie zu sichern. Sie arbeiteten in der Landwirtschaft mit oder beteiligten sich an Sammlungen für die Front. Für das Sammeln von Kleidung, Stoffen, Metall oder auch Pflanzen, wie z.B. Erdbeer- und Brombeer-Blätter, bekamen sie schulfrei. Der Krieg wurde in der Schule mitverfolgt und nach einem militärischen Erfolg erhielten SchülerInnen „siegfrei“. Die patriotische Begeisterung für den Krieg erlosch aber, je schwieriger die Lage im Hinterland wurde und die Zahl der Kriegsopfer stieg.

Von Frauen wurde erwartet, dass sie sich dem damaligen Frauenbild entsprechend als liebevolle, aufopfernde Unterstützerinnen der Soldaten zeigten. Sie sollten als fürsorgliche Krankenschwestern und Trösterinnen in Lazaretten, Hospitälern und Lagern den Krieg mittragen. Die Kriegspropaganda sprach von der „Heimatfront“, um Frauen zum Einsatz für den Krieg zu motivieren. 

Tatsächlich mussten Frauen aber auch die Arbeit der Männer in anderen Berufsfeldern übernehmen. Sie arbeiteten als Schaffnerinnen, Rauchfangkehrerinnen, Industriearbeiterinnen, Bäuerinnen und vieles mehr. Viele Frauen waren in kriegswichtigen Fabriken beschäftigt, die z.B. Munition und Uniformen für Soldaten herstellten. Obwohl Frauen während des Krieges alle Berufe ausübten, mussten sie nach Kriegsende den Heimkehrern Platz machen und in ihre früheren Berufe oder in den Haushalt zurück.

Hungersnot und Krankheiten

Österreich-Ungarn und Deutschland waren nicht auf einen jahrelangen Krieg vorbereitet, so dass die Lebensmittel sehr bald knapp wurden. Brot, Mehl, Milch, Eier und andere wichtige Nahrungsmittel wurden rationiert und jeder Familie auf Lebensmittelkarten zugeteilt. Nun durfte man nur mehr eine bestimmte Menge mit den Karten einkaufen und musste stundenlang vor den Geschäften Schlange stehen. Die Regierung rief die Bevölkerung zu Sparsamkeit auf und schlug Ersatzprodukte vor: so z.B. wurde Mehl mit Sägespänen gestreckt, Kaffee aus Kastanien und Eicheln gebrüht, getrockneter Kaffee-Absud als Basis zur Ölgewinnung für technische Geräte verwendet. Brennnesselstängel dienten als Ersatz für Baumwolle, u.a. zur Herstellung von Armeeuniformen.

Hunger herrschte vor allem in den Städten. Die WienerInnen begannen zu „gärtnern“, in Parks und auf öffentlichen Flächen pflanzten sie Erdäpfel und Gemüse. Brennnesseln wurden zu Brennnesselspinat verkocht. Viele Frauen und Kinder fuhren am Wochenende aufs Land, um bei Bauern Nahrungsmittel zu erwerben und sich Vorräte anzulegen. Sie bezahlten dabei auch mit Kleidungsstücken und Wertgegenständen. Diese Einkäufe am Land waren verboten. Man nannte sie „Hamsterfahrten“

Im Winter 1916/17 verschlechterte sich die Lage extrem: Es gab keine Kohle mehr, um zu heizen oder zu kochen, selbst einfache Nahrungsmittel wie Erdäpfel gingen zu Ende. Um nicht zu verhungern, aßen die Menschen Steckrüben, die bis dahin nur als Viehfutter verwendet worden waren. Daher wird dieser Winter auch „Steckrübenwinter“ genannt.

Neben der Unterernährung war mangelnde Hygiene eine der Ursache für die Ausbreitung von Krankheiten. Seife war ebenso knapp wie Lebensmittel und Ungeziefer wie Läuse gehörten zum Alltag. In vielen Ländern Europas breiteten sich Krankheiten wie Tuberkulose, Typhus und Masern aus. Besonders viele Todesopfer forderte die Spanische Grippe, an der ab 1918 Millionen Menschen erkrankten.

Auch im Parlamentsgebäude in Wien wurde ein Lazarett eingerichtet, um Verwundete zu versorgen.

Personen aus gegnerischen Ländern, die sich zu Kriegsbeginn und während des Krieges im Inland aufhielten, wurden in Lager gesperrt, da man sich vor feindlicher Spionage fürchtete. Diese Zivilinternierungslager wurden in abgelegenen, ländlichen Gebieten errichtet. Die Häftlinge mussten ähnlich wie Kriegsgefangene Arbeiten verrichten und wurden zum Beispiel auf Bauernhöfen oder in der Gastronomie eingesetzt. 

„Äußerste Sparsamkeit mit den vorhandenen Lebensmitteln ist erste patriotische Pflicht, und wir Hausfrauen müssen stolz darauf sein, auch mit unserem „Haushalten“ unseren Lieben im Felde zum Sieg zu verhelfen…“ – zu lesen im Kriegskochbuch (Miniaturausgabe)im Auftrag der Reichsorganisation der Hausfrauen Österreichs herausgegeben von Rosa Contessa Miari. Wien 1915

Sparen an der „Heimatfront“: Gespart werden musste bei allem. Um die hellen Tagesstunden auszunützen und Brennstoffe wie Kerzen und Petroleum zu sparen, wurde 1916 die Sommerzeit eingeführt. Auf Plakaten, Kundmachungen und Flugblättern wurden Frauen und Kinder zu Sammelaktionen aufgefordert, alle noch verfügbaren Mittel für den Krieg bereit zu stellen: Papier für Schuheinlagen, Kirchenglocken für Munition, Vorhänge für Verbandsstoff, Maikäfer als Futter für Hühner und Schweine.

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gedruckt am: Freitag, 15. März 2024