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Das viergeteilte Land – Österreich während der alliierten Besatzung

Österreich wurde im April 1945 von alliierten Truppen befreit und in vier Besatzungszonen aufgeteilt. Im Westen Österreichs waren französische Truppen, im Süden britische Soldaten stationiert. Salzburg und Oberösterreich waren unter US-amerikanischer, der Osten Österreichs unter sowjetischer Besatzung. Die Hauptstadt Wien wurde von den Alliierten ebenfalls in vier Zonen aufgeteilt. Die Besatzung dauerte insgesamt zehn Jahre, von 1945 bis 1955.

Reisen zwischen den Zonen

Heute kann man es sich nicht mehr vorstellen, dass man einen Reisepass braucht, um von Wien nach Kärnten zu kommen – während der Besatzungszeit war das ganz normal. Um die Grenzen zwischen den einzelnen Besatzungszonen zu überschreiten, brauchten die Menschen einen viersprachigen Ausweis („Identitätsausweis“) und eine Reiseerlaubnis.

Das besetzte Wien

Die Wiener Bezirke wurden unter den Alliierten aufgeteilt. Einzige Ausnahme war der Erste Bezirk, der von allen vier Besatzungsmächten verwaltet wurde. Jede von ihnen hatte ein Hauptquartier in der Hauptstadt: Die USA in der Oesterreichischen Nationalbank, Großbritannien im Schloss Schönbrunn, Frankreich im Hotel de France am Schottenring und die Sowjetunion im Palais Epstein am Burgring. 

Die Grenzen zwischen den einzelnen Besatzungszonen in Wien waren gekennzeichnet, das Wechseln von einem Bereich in den anderen war aber möglich. Wien wurde zu einem Zentrum der Spionage der Besatzungsmächte, die sich gegenseitig nicht vertrauten. In dieser Zeit entstanden Spielfilme wie „Der dritte Mann“ und „Die Vier im Jeep“. Sie spiegelten das Leben im besetzten Wien wieder. 

Der Alliierte Rat

Während der Besatzung konnte die österreichische Bundesregierung Gesetze nicht unabhängig beschließen. Der Alliierte Rat, der aus Mitgliedern aller vier Besatzungsmächte bestand, musste allen Gesetzen zustimmen, bevor sie in Kraft treten konnten. Im Laufe der Jahre wurden diese Bestimmungen gelockert, im Juli 1955 löste sich der Alliierte Rat auf. 

Besatzungstruppen – gefürchtet und geliebt

Das Verhältnis der österreichischen Bevölkerung zu den alliierten Truppen war zwiespältig: Einerseits war man ihnen dankbar für die Befreiung von der NS-Diktatur und die Unterstützung beim Wiederaufbau, andererseits hatten viele Angst vor gewaltsamen Racheaktionen und lehnten die Kontrolle ab. In den Tagen der Befreiung waren besonders Frauen von Vergewaltigungen und Übergriffen der Besatzungstruppen betroffen. Es gab aber auch Liebesbeziehungen zwischen österreichischen Frauen und Besatzungssoldaten. Kinder aus diesen Beziehungen mussten allerdings oft gegen Vorurteile innerhalb der österreichischen Bevölkerung ankämpfen. Ein prominentes Beispiel dieser „Besatzungskinder“ ist der Fußballer Helmut Köglberger. Er hat einen US-amerikanischen Vater, wuchs in Österreich auf und spielte auch für die österreichische Nationalmannschaft.

Das Radio, die Stimme der Alliierten

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gab es in Österreich nur wenige Zeitungen, Radiosender waren beschädigt. Die Alliierten gründeten eigene Zeitungen und Radiosender, über die sie die österreichische Bevölkerung in ihrem Sinne informierten. Sie nutzten diese Kanäle  für Werbung und zur Verbreitung von Botschaften, die ihnen wichtig waren. Der Sender „Rot-Weiß-Rot“ stand unter amerikanischer Kontrolle und versuchte, die österreichische Bevölkerung von der Staatsform der Demokratie zu überzeugen und mit amerikanischer Unterhaltungskultur zu gewinnen. Der Sender „Radio Wien“ dagegen verbreitete die Botschaften der Sowjetunion.

Auf den Punkt gebracht: 

  • Österreich und Wien in vier Besatzungszonen aufgeteilt; Alliierter Rat (Mitglieder: USA, FRA, GB, SOV) musste den Gesetzen der österreichischen Regierung zustimmen, bevor sie in Kraft traten
  • Besatzungstruppen „geliebt“ und „gehasst“: Hilfe beim Wiederaufbau, aber auch Gewalt und Kontrolle
  • Medien als Mittel zur Verbreitung eigener Vorstellungen und zur Beeinflussung der Bevölkerung

Der Kinofilm „Der dritte Mann“ (Regie: Carol Reed, Großbritannien 1949; Filmmusik: Anton Karas, Wien) erzählt die Geschichte eines Schmugglers, der sich bei der Verfolgung durch die Polizei in das Wiener Kanalsystem flüchtet. Durch den Film entstand ein Bild von Wien, das von Kriminalität und Spionage geprägt war. Der Film wurde so populär, dass auch heute noch eine geführte „Dritte Mann-Tour“ durch das Wiener Kanalsystem angeboten wird.

Link zur Filmmusik

Der Film „Die Vier im Jeep“ (Regie: Leopold Lindtberg, Schweiz 1951) erzählt die Verhältnisse in Österreich während der Besatzungszeit auf einer persönlichen Ebene. Der Alltag der Militärpolizisten, ein Heimkehrerschicksal und die Verfolgung eines Wiener Ehepaars durch den sowjetischen Geheimdienst bilden die Handlung. 

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gedruckt am: Freitag, 15. März 2024