Der Zusammenbruch zeichnet sich ab
In den 1980er-Jahren mehrten sich in den Staaten des Ostblocks Proteste gegen die wirtschaftlichen Verhältnisse und die Zwangsherrschaft der kommunistischen Partei. In Polen beispielsweise entstand die Gewerkschaft Solidarność (poln. für „Solidarität“). Ihr Vorsitzender war Lech Wałęsa. Aus einem Streik der Werftarbeiter in Danzig gegen Preiserhöhungen war eine politische Bewegung geworden. 1981 wurde die Solidarność verboten, bestand aber im Untergrund weiter und setzte sich für soziale Rechte, Demokratie und Meinungsfreiheit ein.
Auch die Sowjetunion selbst kämpfte mit großen wirtschaftlichen Problemen. Wegen der hohen Ausgaben für das Wettrüsten drohte die zentral gelenkte Wirtschaft zusammenzubrechen. Und die Mitgliedstaaten der Union der Sowjetrepubliken (UdSSR) verlangten mehr Eigenständigkeit und forderten eine Öffnung zum Westen.
Mit der Wahl von Michail Sergejewitsch Gorbatschow zum Generalsekretär der KPdSU 1985 änderte sich die Politik der Sowjetunion. Gorbatschow erkannte die wirtschaftlichen und politischen Schwächen des kommunistischen Systems und versuchte es, durch Reformen zu retten. Die zwei wichtigsten waren Perestroika und Glasnost.
- Perestroika (russ. für „Umgestaltung“) bezeichnet die wirtschaftliche und politische Veränderung innerhalb der UdSSR zu mehr Freiheit und Demokratie. Die kommunistische Zentralwirtschaft wurde gelockert und Elemente marktwirtschaftlichen Wettbewerbs zugelassen. Die Sowjetunion nahm mehr Wirtschaftsbeziehungen mit dem Westen auf. 1989 wurden die ersten freien Wahlen in der Sowjetunion durchgeführt.
- Glasnost (russ. für „Offenheit“) steht für die Offenheit. Die sowjetische Staatsführung versuchte politische Entscheidungen transparenter zu gestalten und gestand ihren BürgerInnen mehr Meinungs- und Pressefreiheit zu.
1987 unterzeichneten Michail Gorbatschow und der damalige US-Präsident Ronald Reagan einen Vertrag zur Abrüstung bestimmter Atomwaffen. Dies war ein wichtiger Schritt zur Entschärfung des Kalten Kriegs. 1989 verkündete Gorbatschow Religionsfreiheit für alle SowjetbürgerInnen und gestand den Ostblock-Staaten mehr politische Eigenständigkeit zu.
Der Fall der Berliner Mauer
Auch in der DDR wuchs der Widerstand gegen das Regime und der Ruf nach Reformen, nachdem der Eiserne Vorhang in Ungarn und der Tschechoslowakei Risse bekommen hatte. Ab September 1989 fanden in Leipzig und anderen ostdeutschen Städten sogenannte Montagsdemonstrationen statt, an denen zehntausende Menschen teilnahmen. Die Slogans verkündeten „Wir sind das Volk!“ und „Keine Gewalt!“. In einer friedlichen Revolution wurde das SED-Regime gestürzt und eine parlamentarische Demokratie errichtet.
Bei einer Pressekonferenz der DDR-Regierung am 9. November 1989 verkündete der SED-Politiker Günter Schabowski irrtümlich sofortige Reisefreiheit in die BRD. Daraufhin überschlugen sich die Ereignisse: Tausende DDR-BürgerInnen strömten zu den Grenzübergängen und überschritten erstmals die Grenze in den Westen. In der Nacht auf den 10. November wurden alle Grenzposten innerhalb Berlins geöffnet. Menschenmassen erklommen die Mauer und besetzten sie. In den folgenden Tagen wurden alle weiteren Grenzübergänge der DDR zur freien Ausreise geöffnet und die Abtragung der Berliner Mauer begann.
Das Ende des Ostblocks und der Sowjetunion (UdSSR)
Die Öffnung des Eisernen Vorhangs beschleunigte den Zerfall des Ostblocks. In den Staaten des Ostblocks fanden, meist auf friedlichem Weg, politische und wirtschaftliche Umwälzungen statt. Die Staaten befreiten sich aus der sowjetischen Vorherrschaft und orientierten sich an westlichen Vorbildern:
- Im Oktober 1989 wurde die Republik Ungarn ausgerufen.
- Im Zuge der so genannten Samtenen Revolution, die weitgehend friedlich verlief, wurde im Dezember 1989 die Tschechoslowakische Föderative Republik gegründet. Hier kannst du dir einen Beitrag vom 29.11.2009 zur „Wende in der Tschechoslowakei“ ansehen.
- Im Dezember 1989 wurde die Republik Polen ausgerufen. Bereits im Juni waren die ersten teilweise freien Parlamentswahlen seit 1945 abgehalten worden.
- Die Republik Bulgarien wurde 1990 mit den ersten freien Wahlen eingeleitet.
- In Rumänien wurde nach einem gewaltsamen Aufstand gegen das kommunistische Regime im Winter 1989/90 eine parlamentarische Demokratie errichtet.
- Am 3. Oktober 1990 erfolgte die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten. Dieser Tag wird heute als Tag der Deutschen Einheit gefeiert. Das ehemalige Gebiet der DDR wurde in die BRD eingegliedert und Berlin zur gemeinsamen Hauptstadt der BRD erklärt. Helmut Kohl war der erste gesamtdeutsche Bundeskanzler.
Die politischen Veränderungen in den osteuropäischen Staaten wirkten sich auch auf die Sowjetunion aus. Die Teilrepubliken der Sowjetunion forderten wie die Ostblockstaaten ihre Eigenständigkeit ein. Nach teilweise gewaltvollen Protesten und dem Augustputsch 1991 gegen die sowjetische Regierung zerfiel die UdSSR in Einzelstaaten – die Landkarte Europas wurde neu gezeichnet. Mit der Sowjetunion lösten sich 1991 auch der Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (Wirtschaftsbündnis der Ostblockstaaten) und der Warschauer Pakt (Militärbündnis der Ostblockstaaten) auf.
Michail Gorbatschow erhielt 1990 den Friedensnobelpreis für seine politischen Leistungen, die entscheidend für das Ende des Kalten Krieges und die Öffnung des Eisernen Vorhangs waren. Ein Jahr später endete seine politische Karriere.