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Shoah, Holocaust, Churban – Was ist damit gemeint?

Judenverfolgung, Judenvernichtung, Judenmord, HolocaustShoah, Churban … für den Völkermord (Genozid) an den europäischen Jüdinnen und Juden während des Nationalsozialismus gibt es mehrere Bezeichnungen. Die Begriffe betonen unterschiedliche Aspekte, und keiner der Begriffe ist ganz unumstritten.

Die Nationalsozialisten hatten in zynischer Weise von der „Endlösung der Judenfrage“ gesprochen. Bis heute ist im Deutschen kein eigener Begriff dafür entstanden. Im deutschen Sprachraum sowie international sind heutzutage „Holocaust“ und „Shoah“ die gängigsten Bezeichnungen.

Holocaust

Die Bezeichnung „Holocaust" ist seit den 1970er-Jahren international gebräuchlich. Das Wort kommt aus dem Griechischen und heißt „Brandopfer“ oder „vollständig verbrannt“. Es ist ursprünglich ein Begriff aus der Bibel; dabei bezieht er sich auf religiöse Opferriten, bei denen das Opfertier ganz verbrannt wurde.
Ab Beginn des 20. Jahrhunderts gebrauchten britische Autoren das Wort für Massenmorde, die aus politischen Gründen durchgeführt werden. Als Bezeichnung für die Verfolgung und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung durch die Nationalsozialisten wird „Holocaust“ in Großbritannien bereits während des Zweiten Weltkriegs verwendet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sich „Holocaust“ im angelsächsischen Sprachgebiet auch in der Geschichtswissenschaft durch.

Ab 1979 wird der Begriff in Deutschland bekannt, insbesondere nach der Ausstrahlung der äußerst erfolgreichen TV-Serie „Holocaust – Die Geschichte der Familie Weiß“ im deutschen Fernsehen.

Der Begriff „Holocaust“ wird von Jüdinnen und Juden teilweise abgelehnt. Sie empfinden die Bezeichnung „Holocaust“ als problematisch, weil das Wort in seiner biblischen Bedeutung eine religiöse, kultische Handlung meint. Der Holocaust im Nationalsozialismus war jedoch ein systematischer Massenmord.
Von vielen Jüdinnen und Juden wird deshalb das Wort „Shoah“ (sprich: Scho´ah) verwendet.

Shoah

Das Wort Shoah (manchmal auch: Shoa geschrieben) kommt aus dem Hebräischen und bedeutet so viel wie „Untergang“, „Katastrophe“. Ebenso wie „Holocaust“ wird Shoah zur Bezeichnung der Massenvernichtung der europäischen Jüdinnen und Juden während der nationalsozialistischen Herrschaft verwendet. Der Begriff kommt auch in der Unabhängigkeitserklärung Israels von 1948 vor (nicht jedoch in den deutschen Übersetzungen).

In Westeuropa wurde der Begriff Shoah besonders durch den gleichnamigen Dokumentarfilm von Claude Lanzmann aus dem Jahr 1985 bekannt.

Der Begriff Shoah bezieht sich vor allem auf die jüdischen Ermordeten. Der Holocaust betraf aber nicht nur Jüdinnen und Juden. Auch andere Gruppen fielen ihm zum Opfer, etwa Roma und Sinti und politische Gefangene. Von diesen Opfergruppen wird das Wort Shoah deshalb teilweise abgelehnt.

Churban

„Churban“ ist ein hebräisches Wort, das auch im Jiddischen verwendet wird („churbm“). Es bedeutet etwa „Verwüstung“ oder „Vernichtung“ und bezeichnet große historische, von Menschen gemachte Katastrophen. Bereits während des Zweiten Weltkriegs sprach man in der jiddischen Presse von einem „Churbm Poyln“ – der völligen Vernichtung der großen jüdischen Gemeinschaft in Polen.

Als dritten „Churban“ bezeichnen vor allem orthodoxe Rabbiner die Shoah ab den 1980er-Jahren. Die Zerstörungen des Ersten (586 vor d.Z.) und des Zweiten Jerusalemer Tempels 70 nach d.Z.) sind der erste und der zweite Churban.

Mit dem Begriff wird betont, dass sich die Verfolgung von Jüdinnen und Juden in der Geschichte wiederholt. Insofern erhält der Begriff Holocaust / Shoah damit eine theologische Komponente und wird in die Reihe anderer existenzieller Bedrohungen für das jüdische Volk im Laufe der Geschichte eingereiht.

Was versteht man unter „Porajmos“?

So wie Shoah und Holocaust den Massenmord an den Jüdinnen und Juden bezeichnen, wird das Romanes-Wort Porajmos (auch Porrajmos) als Begriff für die Ermordung der Roma und Sinti verwendet. Es bedeutet in etwa „das Verschlingen“.

Ab 1933 wurden Roma und Sinti von den Nationalsozialisten systematisch ausgegrenzt, entrechtet, verfolgt und ermordet. Die Grundlagen für deren Verfolgung waren schon vor der NS-Machtergreifung gelegt worden. 

1939 erfolgte der „Festsetzungserlass“: Unter Androhung von KZ-Haft wurde „Zigeunern“ und „Zigeunermischlingen“ verboten, ihre Wohnorte zu verlassen, ab 1940 wurden Massendeportationen ins Konzentrationslager durchgeführt.
In Österreich wurde 1940 das Lager Lackenbach errichtet, die Insassen mussten Zwangsarbeit leisten (siehe dazu http://ausstellung.de.doew.at/m20sm118.html)

Die Roma und Sinti sind nach der jüdischen Bevölkerung die größte Opfergruppe des NS-Regimes. Als „Zigeuner“ bezeichnet, galten sie nach der nationalsozialistischen Ideologie als „fremdrassig“ und „geborene Asoziale“, die arbeitsscheu und nicht erziehbar wären.

Sie wurden in Ghettos, Konzentrations- und Vernichtungslagern, in eigenen „Zigeunerlagern“ sowie bei Massakern in den besetzten Ländern Südosteuropas während des Zweiten Weltkrieges ermordet. Die genaue Opferzahl ist nicht bekannt, man geht aber von etwa einer halben Million ermordeter Roma und Sinti aus.

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gedruckt am: Freitag, 15. März 2024