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Die Geschichte der Shoah

Schon lange vor der Herrschaft der Nationalsozialisten unter Hitler zwischen 1933 und 1945 gab es in Europa und auch in Österreich antisemitische Vorurteile bis hin zu ausgeprägten Hass auf Juden. Dieser Antisemitismus war meist religiös begründet und wurde unter anderem auch von der katholischen Kirche verbreitet.

Im 19. Jahrhundert entwickelte sich der rassistisch-völkische Antisemitismus. Dieser behauptete, dass Jüdinnen und Juden einer anderen, besonderen „Rasse“ angehörten und schrieb dieser besondere, vor allem negative Eigenschaften zu. Dieser Rassenantisemitismus wurde in Österreich vor allem von deutschnationalen Gruppen verbreitet und politisch benützt.

Dieser rassistisch-völkische Antisemitismus bildete den Grundstein für die Verbrechen des Nationalsozialismus, die zum Holocaust führten.

Hitler und die nationalsozialistische Ideologie

Hitler war ein Anhänger der Rassentheorie. Er war davon überzeugt, dass es „wertvolle“ und „minderwertige“ Menschenrassen gäbe. Die wertvollste davon sei die nordische, „arische“ Rasse (Arier), innerhalb dieser sei das „führende Volk“ das deutsche. Neben Jüdinnen und Juden wurden besonders Menschen aus Osteuropa als minderwertig betrachtet Die Rassen sollten sich nicht miteinander vermischen, das „deutsche Blut“ sollte „reingehalten“ werden. Das wertvolle, starke, überlegene deutsche Volk sollte sich vermehren und als „Herrenrasse“ über die anderen Völker herrschen. Dieses Ziel hatte Hitler vor Augen, als er 1939 einen Krieg begann, der zum Zweiten Weltkrieg wurde.

Feindbilder der NationalsozialistInnen

Von den NationalsozialistInnen wurden viele Feindbilder aufgebaut. Sie unterschieden ganz klar zwischen „wir“ = die Volksgemeinschaft des deutschen Volkes und „die anderen“.

Juden und Jüdinnen wurden als die größten Feinde des deutschen Volkes angesehen. Obwohl der Anteil an Menschen jüdischen Glaubens in Deutschland 1933 nur etwa 1% betrug (entsprechend etwa 500.000 Menschen) und in Österreich 1938 rund 2,6% (ca 180.000 Menschen), wurden sie für alles Unheil und alle Probleme des Landes verantwortlich gemacht. Deshalb wurden Juden und Jüdinnen vom NS-Regime von Beginn an auf verschiedene Weise ausgegrenzt und verfolgt.

Als „Volksfeinde“ galten den NationalsozialistInnen aber außerdem alle Menschengruppen, die (nach ihrer Definition) nicht zur deutschen „Volksgemeinschaft“ gehörten – oder nicht dazu gehören wollten.
Dazu zählten neben den aus rassistischen Gründen verfolgten Gruppen, also Jüdinnen und Juden sowie Roma und Sinti, auch politische GegnerInnen und insbesondere Menschen, die sich gegen die Regeln des NS-Regimes auflehnten und so Widerstand geleistet haben.
Auch Homosexuelle, Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen, sozial unangepasste Menschen wurden verfolgt, da sie laut der nationalsozialistischen Vorstellung die Gesundheit des „Volkskörpers“ gefährdeten.

Wie „überzeugte“ das NS-Regime die Mehrheitsbevölkerung?

Die Nationalsozialistinnen durchzogen den gesamten Alltag mit ihrer Propaganda, alle Zeitungen und die deutschen Radiosender waren entsprechend ihrer Ideologie gleichgeschaltet, abweichende Nachrichten wurden nicht geduldet. Außerdem versuchten sie, jeglichen Widerstand und Kritik am Regime in der Bevölkerung im Keim zu ersticken, bzw. gar nicht erst aufkommen zu lassen. Ihr Ziel war eine Gleichschaltung der Bürgerinnen: Sie wollten nicht nur volle Kontrolle darüber, was die Menschen taten, sondern auch darüber, was sie dachten. Das nationalsozialistische Regime bestimmte, was gefallen durfte und was nicht, welche Kunst wertvoll sei oder aber als „entartet“ abgelehnt wurde.

Eine große Rolle spielten für diese Kontrolle aller Lebensbereiche die nationalsozialistischen-Organisationen wie die Hitlerjugend (HJ) oder der Bund Deutscher Mädel (BDM). In diesen Organisationen wurden den Kindern und Jugendlichen schon früh die nationalsozialistischen Werte vermittelt.

1933 bis 1938: Ausgrenzung, Isolation und beginnende Vertreibung der jüdischen Bevölkerung Deutschlands

1933 kamen in Deutschland die Nationalsozialisten unter Hitler an die Macht.

Die nationalsozialistische Regierung begann sofort mit der Ausgrenzung und der Schikane von Jüdinnen und Juden. Im April 1933 etwa riefen sie zu einem Boykott (Ausschluss) von Geschäften auf, die im Besitz von Jüdinnen und Juden waren.

An den Schulen wurde schon bald nach der Machtergreifung Hitlers eine Quote für jüdische Kinder festgelegt. Sie durften auch keine Freundschaften mit nicht-jüdischen Kindern mehr haben. Selbstverständlich konnten sie den Jugendorganisationen (wie Hitlerjugend, Bund deutscher Mädel) nicht beitreten. So wurden sie sozial isoliert.

Gleichzeitig nahmen Plünderungen und (auch körperliche) Übergriffe gegen Jüdinnen und Juden zu, für die TäterInnen blieben sie meist ohne rechtliche Folgen.

Diskriminierende Gesetze

Die systematische Diskriminierung der jüdischen Minderheit schrieb das nationalsozialistische Regime auch in Form von Verordnungen und Gesetzen fest.

Regelung für Beamte: Ab 1933 durften Jüdinnen und Juden bzw. politische Gegner des NS-Regimes nicht mehr als Beamte für den deutschen Staat arbeiten. Dies galt z.B. für LehrerInnen, Rechtsanwälte, Ärzte. Unzählige Menschen verloren so ihre Erwerbsmöglichkeit und gerieten in finanzielle Schwierigkeit (Geldnot).

Ariernachweis“: Beamte mussten ab 1933 einen Nachweis ihres Stammbaumes erbringen. Dieser sollte belegen, dass sie „arisch“ waren, das hieß, keine jüdischen Eltern oder Großeltern hatten.
 Ab 1935 mussten alle BürgerInnen einen solchen „Ariernachweis“ erstellen lassen. Manche Menschen, die keinen Bezug zum Judentum mehr hatten, wurden aufgrund ihrer jüdischen Großeltern vom NS-Regime nun wieder zu Juden gemacht und verfolgt.

Insbesondere die Nürnberger Gesetze (in Deutschland ab 15. September 1935 gültig) bildeten eine neue rechtliche Grundlage für die Ausgrenzung und Verfolgung der Jüdinnen und Juden.

Reichsbürgergesetz: Das „Reichsbürgergesetz“ teilt die Bevölkerung in „Reichsbürger“ („deutsche Staatsangehörige deutschen und artverwandten Blutes“) und „einfache Staatsangehörige“, (Angehörige eines anderen Volkstums) ein. Letztere wurden damit zu „BürgerInnen zweiter Klasse“ abgestempelt, und verloren das Staatsbürgerrecht. Juden konnten nicht Reichsbürger sein.

Blutschutzgesetz“: Durch das „Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ wurden Heirat und sexuelle Beziehungen zwischen Nicht-Jüdinnen bzw. Nicht-Juden und JüdInnen bzw. Juden verboten.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten und dem sogenannten „Anschluss“ Österreichs im März 1938 wurden diese Gesetze im Mai 1938 auch in Österreich (nunmehr als „Ostmark“ Teil des „Deutschen Reiches“) rechtswirksam.

Zunächst war das Ziel des NS-Regimes in Deutschland, die jüdische Bevölkerung zu vertreiben. Tatsächlich sahen sich viele Juden und Jüdinnen gezwungen, das Land zu verlassen.

1938 bis 1941: Weitere Ausgrenzungen, Novemberpogrom und Deportationen

Unmittelbar nach dem „Anschluss“ am 12. März 1938 begannen Misshandlungen von Jüdinnen und Juden sowie Plünderungen von deren Geschäften. Diese wurden auch besonders gekennzeichnet, um Nicht-Juden davon abzuhalten, dort einzukaufen. Innerhalb weniger Stunden waren Jüdinnen und Juden rechtlos geworden. Juden wurden auch veranlasst, ihre Geschäfte zu verkaufen. Viele dieser Geschäfte wurden auch von den NationalsozialistInnen aufgelöst. Die jüdischen BesitzerInnen verarmten rasch. Die jüdischen MieterInnen wurden aus den Wohnungen vertrieben. In viele dieser nun leeren Wohnungen durften Anhänger des nationalsozialistischen Regimes einziehen. Jüdische SchülerInnen durften nicht mehr am Unterricht teilnehmen.

Jüdinnen und Juden mussten nun auch einen Zwangsnamen (Sarah, Israel) annehmen, die jüdischen Pässe wurden mit einem „J“ gekennzeichnet.

Ab 1939 mussten Juden und Jüdinnen außerdem Zwangsarbeit verrichten. 

Novemberpogrom

In der Nacht zum 10. November 1938 organisierten die Nationalsozialisten Ausschreitungen gegen Jüdinnen und Juden, das Novemberpogrom: In Wien wurden 42 Synagogen und Bethäuser in Brand gesteckt und verwüstet. Jüdische Geschäfte und Wohnungen wurden geplündert. 6547 Wiener Juden kamen in Haft, knapp unter 4000 davon in das KZ Dachau.

Flucht und Vertreibung 

Nach diesem Ereignis, das von den Nationalsozialistinnen (aufgrund der vielen Scherben der zerstörten Gebäude) zynisch als „Reichskristallnacht“ bezeichnet wurde, wurde Jüdinnen und Juden jede wirtschaftliche Tätigkeit untersagt, Betriebe und Geschäfte mussten nun „arisiert“ werden, d. h. meist weit unter dem Wert an Nicht-Juden verkauft werden. Die Erlöse kamen auf sogenannte Sperrkonten, von denen nur geringe Beträge zum Unterhalt und für die erzwungene Ausreise abgehoben werden durften. Der Rest des Geldes fiel später an das Deutsche Reich.

Rund 130.000 jüdische Menschen gelang die Flucht. Sie wurden durch wirtschaftlichen Druck und Diskriminierung vertrieben. Davor mussten sie tatsächliche oder erfundene Steuerschulden bezahlen, die ihnen auferlegten besonderen Abgaben, die Reichsfluchtsteuer und die Judenvermögensabgabe umfassten die Hälfte ihres Vermögens. Die Flucht wurde außerdem durch die strengen Einwanderungsbestimmungen, die damals in vielen Ländern der Welt herrschten, erschwert.

Die meisten jener Jüdinnen und Juden, denen es nicht gelang, das Land zu verlassen, fielen später dem Massenmord des Holocaust zum Opfer.

Kindertransporte

Etwa 3 Wochen nach den Novemberpogromen beschloss die britische Regierung auf Druck von Hilfsorganisationen, vorübergehend jüdische Kinder und Jugendliche bis zum Alter von 17 Jahren im Land aufzunehmen. Für sie wurden Transporte per Zug und Schiff organisiert und Pflegefamilien gefunden.
Durch diese Kindertransporte, die bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges (September 1939) stattfanden, konnten mehr als 10.000 Kinder aus Deutschland, Österreich, Polen, der Freien Stadt Danzig und der Tschechoslowakei ausreisen und auf diese Weise vor der Verfolgung durch das NS-Regime gerettet werden.

Die Isolation und Schikane der jüdischen Minderheit im Deutschen Reich und damit auch auf österreichischem Gebiet ging unterdessen weiter. Die Wohnungen der zurück gebliebenen Jüdinnen und Juden wurden gekündigt. Sie wurden gezwungen, auf engstem Raum in Sammelwohnungen zu wohnen. Sie durften weder Autos noch Fahrräder besitzen, ebenso keine Radios, Telefone oder Haustiere. Es durften nur mehr bestimmte Straßenbahnlinien benutzt werden, das Betreten von Parkanlagen oder auch des Wienerwaldes wurde verboten.

Ab 1941 galt im „Deutschen Reich“ ein Auswanderungsverbot. Doch schon seit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 war es für Jüdinnen und Juden sehr schwer geworden, das Deutsche Reich zu verlassen.
Juden und Jüdinnen mussten ab September 1941 zur Kennzeichnung einen gelben Stern („Judenstern“) auf der Kleidung tragen.

Deportation von Juden und Jüdinnen nach Osteuropa

Die Deportationen aus Wien begannen im Februar 1941, einige Zeit vor den Deportationen aus dem übrigen Reichsgebiet. In mehreren Transporten zu je rund 1000 Menschen wurden Jüdinnen und Juden in Gettos ins besetzte Polen, jetzt Generalgouvernement, transportiert, wo sie unter schrecklichen Bedingungen auf engstem Raum leben mussten. Ihr Vermögen verfiel an den Staat.

Das nationalsozialistische Deutsche Reich besetzte in den ersten Kriegsjahren des Zweiten Weltkrieges weite Teile Europas, wo auch die Verfolgung der Jüdinnen und Juden einsetzte. Jüdische Flüchtlinge aus Österreich und Deutschland wurden nun von den Nationalsozialisten wieder eingeholt und später auch aus diesen Ländern in Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert.

1940: Errichtung von Ghettos (Polen)

Die Ghettos waren Straßen bzw. Stadtviertel, die meist mit einer Mauer, Stacheldraht oder ähnlichem umgeben waren und von den BewohnerInnen nicht verlassen werden durften. In den Ghettos herrschten katastrophale Lebensbedingungen: Extremer Platzmangel, Hunger, Seuchen und Zwangsarbeit kosteten täglich Tausenden Menschen das Leben.

Die NationalsozialistInnen ernannten in den Ghettos eigene „Judenräte“. Diese waren selbst Mitglieder der jüdischen Gemeinde, die in den Ghettos für „Ordnung“ sorgen und die nationalsozialistischen Regelungen umsetzen mussten. Außerdem mussten sie die Listen der BewohnerInnen erstellen, die dann in die Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert wurden.

1941: Massenerschießungen und Vernichtungslager in Osteuropa

Im Juni 1941 hatte die deutsche Wehrmacht mit dem Krieg gegen die Sowjetunion begonnen („Unternehmen Barbarossa“). In den besetzten Gebieten kamen Einsatzgruppen der SS zum Einsatz. Gemeinsam mit der Wehrmacht hatten sie unter anderem die Aufgabe, die Gebiete „judenfrei“ zu machen. Sie ermordeten mehr als zwei Millionen Menschen (vor allem Jüdinnen und Juden, kommunistische Funktionäre und tatsächliche oder angebliche Partisanen).

Aktion Reinhardt

Während des Sommers des Jahres 1941 war im nationalsozialistischen Deutschen Reich die Entscheidung zur Ermordung der im Machtbereich der Nationalsozalisten befindlichen Jüdinnen und Juden gefallen. Im November 1941 wurde im besetzten ehemaligen Polen im Distrikt Lublin mit der Errichtung von drei Vernichtungslagern, Treblinka, Belzec und Sobibor, begonnen, wo dann ab dem Frühjahr 1942 Jüdinnen und Juden aus den Gettos, später auch aus anderen Teilen des Deutschen Reiches, in Gaskammern ermordet wurden. Bis 1943 fielen in dieser, dann „Aktion Reinhardt“ genannten Mordaktion 1,3 Millionen Menschen zum Opfer.

Außerhalb der Vernichtungslager der „Aktion Reinhardt“ wurden Jüdinnen und Juden auch durch Massenerschießungen und in zu mobilen Gaskammern umgebauten Kastenwägen ermordet, zum Beispiel beim Vernichtungsort Maly Trostinec.

1942: Wannseekonferenz: „Endlösung der Judenfrage“

In einer Villa am Großen Wannsee in Berlin fand eine Besprechung hochrangiger Vertreter der NS-Führung statt. Ziel der Konferenz ist eine enge, koordinierte Zusammenarbeit derjenigen Dienststellen, welche für die „Endlösung der Judenfrage“ zuständig waren. Der Völkermord an den europäischen Juden und Jüdinnen hatte zu diesem Zeitpunkt bereits begonnen. Die Konferenz sollte nur mehr die zügige Organisation der weiteren Massenmorde sicherstellen. 

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gedruckt am: Freitag, 15. März 2024